Geschäftskultur in  Frankreich

Trotz des umfangreichen Geschäftspotenzials direkt vor der Haustür scheitern deutsche Geschäftsleute in Frankreich noch immer zuweilen an der interkulturellen Falle. Die Bedeutung der interkulturellen Besonderheiten wird im deutsch-französischen Geschäftsalltag meist erst dann wahrgenommen, wenn Kooperationen schwierig verlaufen oder sogar scheitern. Ursächlich für viele Probleme ist dabei die fatale Wirkweise eines interkulturellen Missverständnisses: Während sich der eine Geschäftspartner ungerechtfertigterweise geohrfeigt fühlt, merkt der andere gar nicht, dass er eine Ohrfeige ausgeteilt hat. Daher ist die Befassung mit den interkulturellen Besonderheiten im Vorfeld des Markteintritts immer erfolgsentscheidend für den Verlauf der Geschäftsbeziehungen. Einige grundlegende Unterschiede zwischen der deutschen und der französischen Geschäftskultur werden nachfolgend beschrieben. Als Vorbereitung auf Geschäfte in Frankreich sind auch interkulturelle Trainings für Mitarbeiter und Führungskräfte, die in Frankreich für das deutschen Unternehmen aktiv werden sollen, empfehlenswert.

Ihre Ansprechpartnerin

Christina Grewe

Geschäftsführerin


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  • Pflegen Sie die Beziehungsebene, denn der persönliche Draht ist der Schlüssel zum Erfolg bei Geschäften in Frankreich

    Am Anfang einer jeden Geschäftsbeziehung steht der persönliche Kontakt und hierzu muss insbesondere in Frankreich Zeit investiert werden. Die Pflege der Beziehungsebene ist eine wesentliche Erfolgskomponente für den Geschäftserfolg in Frankreich. Eine effektive Zusammenarbeit mit Geschäftspartnern und Mitarbeitern aus Frankreich setzt Vertrauen voraus, das Sie im Vorfeld der Geschäftsbeziehung aufbauen müssen. Die eher sachlich distanzierte Art deutscher Geschäftsleute ist grundsätzlich wenig förderlich für eine Zusammenarbeit à la française. Investieren Sie Zeit in den Aufbau einer persönlichen Beziehung zu Ihrem französischen Geschäftspartner, der dies insbesondere bei deutschen Geschäftsleuten zu schätzen weiß. Erkundigen Sie sich bei Telefonaten und Treffen nach dem Wohlbefinden der Familie Ihres Geschäftspartners und plaudern auch Sie selbst ein wenig aus dem Nähkästchen. Achten Sie darauf, diesen persönlichen Kontakt im Laufe der Geschäftsbeziehung nicht abebben zu lassen. Korrespondieren Sie nicht nur per E-Mail, sondern greifen Sie auch öfter mal zum Telefon. Planen Sie in nicht zu unregelmäßigen Abständen Treffen mit Ihrem Geschäftspartner ein, die wahlweise in Frankreich oder in Deutschland stattfinden können.

    Auch wenn Sie dringend wichtige Informationen von Ihrem französischen Geschäftspartner oder einem Mitarbeiter brauchen, ist dieser persönliche Draht Gold wert. Setzen Sie bei den emotional handelnden Franzosen auf die complicité. Besonders wirksam ist dies in informellen Beziehungen zwischen deutschen und französischen Mitarbeitern gleichen Ranges und könnte in der Praxis wie folgt aussehen: „Mein Chef macht mir mal wieder Druck und du bist der Einzige, der mir helfen kann. Ich weiß, dass ich auf dich zählen kann und werde mich selbstverständlich bei Gelegenheit bei dir revanchieren“. Die sachliche Anforderung dieser Informationen selbst aus der Chefetage des deutschen Unternehmens wäre vergleichsweise erfolglos.

  • Geschäftsessen à la française: Bleiben Sie bis zum Dessert

    Die ausgeprägte französische Esskultur ist auch ein integrativer Bestandteil des französischen Geschäftslebens. In Frankreich sind ausgedehnte Mittagspausen selbst in der hektischen Metropole Gang und Gebe. Geschäftsessen bieten insbesondere in der Anfangsphase die Möglichkeit, potenzielle Geschäftspartner näher kennen zu lernen sowie bei Verhandlungen zähe Durststrecken zu überbrücken. Deutsche Unternehmer sollten auf keinen Fall den verbreiteten Fehler begehen, Geschäftsessen frei nach dem Motto „Zeit ist Geld“ auf ein Minimum zu begrenzen. Haken Sie auf keinen Fall Geschäftsessen als lästige Pflichttermine ab, denn nicht selten endet in Frankreich ein ausgedehntes déjeuner d´affaires mit einem Geschäftsabschluss - und dies auch gerne erst zwischen Dessert und Kaffee. 

    Zu einem guten Essen gehört auch ein guter Wein. Selbst wenn Sie keinen Alkohol trinken möchten, wäre es unhöflich das Angebot abzulehnen. In diesem Fall akzeptieren Sie und nippen eben ab und zu am Glas.

    Bei der Frage wer zahlt, gilt in der Regel, wer das letzte Mal eingeladen wurde. Lädt Sie Ihr französischer Geschäftspartner zum ersten Mal ein, dann nehmen Sie diese Einladung dankend an und bestehen Sie nicht darauf, selbst zu bezahlen. Revanchieren Sie sich lieber beim nächsten Mal. Je nach Auswahl des Restaurants, drückt sich auch die Wertschätzung des Geschäftspartners aus. Achten Sie darauf, Ihren französischen Geschäftspartner bei einer Rückeinladung in ein gleichwertiges Restaurant einzuladen.

  • Kooperationen: Wie Sie aus der Not eine Tugend machen

    Französische Geschäftspartner gehen äußerst ungern Kompromisse ein. Macht und Anerkennung werden in Frankreich höher aufgehängt als in Deutschland und Kompromisse werden auf Grund dieses Wettbewerbsdenkens im Allgemeinen als Niederlage gewertet. Die in Deutschland weit verbreitete Kooperationsbereitschaft ist bei den individualistischen Franzosen eher unbeliebt und wird nur dann in Erwägung gezogen, wenn die Zusammenarbeit für die Zielerreichung wirklich unabdingbar ist. Teamgeist zu schaffen ist in deutsch-französischen Geschäftsbeziehungen daher unerlässlich. 

    Ursache für das Scheitern von Kooperationen sind auch unterschiedliche Motivationsfaktoren und Definitionen von Erfolg: so suchen die Deutschen Beständigkeit, Perfektion und Anerkennung, während in Frankreich Herausforderungen, Funktionalität und Bewunderung gefragt sind. Wollen Deutsche Ziele wie geplant erreichen und etwas Nützliches tun, möchten Franzosen häufig mehr als das Erwartete und vor allem Originelles leisten; auch auf die Gefahr hin, dass dies nur in einem von zehn Projekten gelingt.

    Damit Ihre deutsch-französischen Kooperationen dennoch funktionieren, müssen Sie dafür sorgen, dass die Grundvoraussetzungen stimmen: Die Beziehungsebene pflegen und Vertrauen aufbauen, damit die Basis der Kooperation sichergestellt ist, und eine gemeinsame Herausforderung finden, die Ihren französischen Partner anspornt, und idealerweise auch einen gemeinsamen „Gegner“ (beispielsweise ein wichtiger Konkurrent) definieren. Und nicht gilt für den Geschäftserfolg in Frankreich: Lassen Sie Ihrem französischen Geschäftspartner oder Mitarbeiter seine Außergewöhnlichkeit!

  • Setzen Sie auf Flexibilität

    Absolut tödlich bei Geschäftsverhandlungen in Frankreich ist die beliebte deutsche Unart, Tagesordnungspunkte, die teilweise weit im Vorfeld des eigentlichen Zusammentreffens festgelegt wurden, stur abzuhaken. Franzosen monieren immer wieder die mangelnde Flexibilität deutscher Geschäftsleute, sich an unvorhersehbare oder neue Situationen entsprechend anzupassen. Die minutiöse Ablaufplanung von Geschäftstreffen, das sture Abhaken von Gesprächspunkten sowie das Durchdrücken von bis ins Detail vorbereiteten Konzepten entspricht dem negativen deutschen Stereotyp des rouleau compresseur, der Dampfwalze, die sich durch mangelnde Reaktivität und Anpassungsfähigkeit auszeichnet und neue Ideen einfach platt walzt. Betrachten Sie im Frankreichgeschäft Tagesordnungen eher als einen groben Leitfaden für eine bevorstehende Verhandlung und reagieren Sie nicht abweisend oder gestresst, wenn Ihr französischer Verhandlungspartner mit neuen Diskussionspunkten aufwartet oder sich nicht genau an den vorgesehenen Ablauf hält. Vergessen Sie nie, dass in Frankreich Flexibilität und die hiermit verbundene Fähigkeit, selbst unter starkem Druck schnell und effizient auf neue Situationen zu reagieren, bereits im Rahmen der Hochschulausbildung exzessiv trainiert und als eine grundlegende Fähigkeit für den Erfolg im französischen Geschäftsalltag betrachtet wird.

  • Verhandeln will gelernt sein: Halten Sie sich immer ein Hintertürchen offen

    Franzosen sind geschickte Strategen und Meister der Verhandlung. Wie beim Schach gilt auch in Verhandlungen die Devise faire de la bonne guerre. Franzosen testen gerne Grenzen aus. Rechnen Sie damit, dass Ihr französischer Geschäftspartner taktiert und nehmen Sie es ihm nicht übel, wenn er versucht, Ihnen auch mal „ein Bein zu stellen“. Dies gehört wie beim Schach zum Spiel der Verhandlung. Beliebte Verhandlungsstrategie in Frankreich ist es auch, wichtige Punkte wie beiläufig erst kurz vor dem geplanten Ende einer Verhandlung aus dem Ärmel zu zaubern in der Hoffnung, dass diese Punkte in der Kürze der Zeit schnell zum Vorteil des französischen und zum Nachteil des unvorbereiteten deutschen Geschäftspartners abgehandelt werden. Rechnen Sie in Verhandlungen mit Franzosen mit diesem strategischen Schachzug und halten Sie sich hierfür ein Hintertürchen offen. Wenn das Ende einer Verhandlung beispielsweise für 18 Uhr vorgesehen ist, dann buchen Sie auf keinen Fall den Rückflug am selben Abend, sondern nehmen Sie einen Flieger am nächsten Morgen, sagen dies aber nicht. So bleiben Sie flexibel und vermeiden unnötigen Druck.

  • Lassen Sie den deutschen Schulmeister zu Hause

    Schier unerträglich ist Franzosen die deutsche Vorliebe für lange, sachliche Vorträge untermauert mit einer Vielzahl von Fakten und Zahlen, die bis ins letzte Detail ausgearbeitet wurden. Insbesondere das Nachhaken und Verbessern bei Detailfragen wird im Allgemeinen als belehrend und schulmeisterhaft aufgefasst. In Frankreich gilt ohnehin verstärkt die Devise „Traue nie einer Statistik, die du nicht selbst manipuliert hast“. Sachverhalte werden daher in der Grande Nation eher global angegangen. Häufig hören Sie auch in Verhandlungen c´est globalement o.k., was heißt, dass die grobe Marschrichtung stimmt. Die Klärung von Detailfragen schieben Franzosen gerne so weit wie Möglich nach Hinten, da diese in einem ständig wandelnden Umfeld sowie öfters angepasst werden müssen. Die hierzu notwendige Reaktivität wird im französischen Geschäftsalltag vorausgesetzt. Zudem gilt es als unhöflich, dem Gegenüber Fakten bis ins letzte Detail zu erklären, da dies impliziert, dass der französische Gesprächspartner nicht in der Lage ist, seine eigenen Schlüsse zu ziehen. Als ähnlich unhöflich gilt es, Kritik oder Ablehnung sehr direkt zu äußern. Franzosen sind sehr höflich und äußern ungern direkte Kritik. Nur selten treffen Sie in Frankreich auf Molières Misanthrope, der unverblümt sagt, was er denkt. Lernen Sie also beizeiten zwischen den Zeilen zu lesen. Hören Sie von Ihrem französischen Geschäftspartner folgende Kommentare si vous voulez … oui, pourquoi pas … c´est une idée…, dann sollten die Alarmglocken bei Ihnen läuten, denn dies ist kein Zeichen für Understatement, sondern im besten Fall eine höfliche Form der Ablehnung.

  • Ohne Nachhaken läuft es nicht

    Einmal besprochen heißt in Frankreich oft anders als in Deutschland nicht wirklich abgemacht. Ist die Umsetzung von Arbeitsaufträgen oder sonstigen Absprachen wirklich wichtig, so muss in regelmäßigen Abständen bis hin zum vereinbarten Umsetzungstermin nachgehakt werden. Der wohl dosierte Einsatz dieser sog. piqure de rappel ist bei der Zusammenarbeit mit französischen Mitarbeitern absolut erfolgskritisch. Denn anders als in sach-orientierten Geschäftswelten ist in Frankreich eine punktuelle Erinnerung an Absprachen im Geschäftsalltag üblich und somit auch Voraussetzung für die Umsetzung von Arbeitsaufträgen. Vorteil hierbei ist, dass so Absprachen immer auch situationsadäquat noch angepasst werden können.

  • Übernehmen Sie keine „schlechten“ französischen Angewohnheiten

    Wer hat sich in Frankreich nicht schon über Unpünktlichkeit oder mangelnde Vorbereitung, selbst bei von langer Hand geplanten Treffen, geärgert. Dies gilt insbesondere für die Unart mancher Franzosen, sich selbst bei Verhandlungen im eigenen Hause teilweise erheblich zu verspäten. Dennoch wäre es ein Faux Pas als deutscher Geschäftsmann in Frankreich zu spät zu kommen, Informationen nicht zu liefern oder Deadlines zu reißen. Franzosen schätzen die „deutschen Tugenden“ wie Pünktlichkeit und Verlässlichkeit und erwarten dies von Ihren deutschen Geschäftspartnern, selbst wenn sie paradoxerweise diese Eigen-schaften für sich selbst nicht immer in Anspruch nehmen. Eine wichtige Erfolgsgrundlage für die reibungslose Zusammenarbeit mit Franzosen und auch anderen ausländischen Geschäftspartnern besteht darin, die positiven Stereotypen der eigenen Geschäftskultur verstärkt in die Geschäftsbeziehung einzubringen und die negativen Stereotypen, die zu Missverständnissen oder Konflikten führen können, möglichst zu vermeiden. Die bewusste Aneignung der Stereotypen einer anderen Geschäftskultur ist grundsätzlich nicht empfehlenswert. Für den Geschäftserfolg ist nicht nur die Sensibilisierung für die Besonderheiten der Kultur des Geschäftspartners notwendig, sondern vor allem auch eine Sensibilisierung für die Wahrnehmung der eigenen Geschäftskultur durch den ausländischen Geschäftspartner.

  • Lesen Sie mal wieder Asterix

    Zum Verständnis der französischen Mentalität eignet sich bestens die Lektüre von Asterix. Der gewitzte Kampf dieses kleinen gallischen Völkchens gegen die römische Übermacht spiegelt auch die Vorliebe der Franzosen für Herausforderungen und Genialität wider. Gerade schwierige und kniffelige Situationen können Franzosen zu Höchstleistungen anspornen, wenn dabei die Aussicht auf Macht, Unabhängigkeit und Anerkennung lockt. Fehlt allerdings die entsprechende Motivation verlieren französische Geschäftspartner insbesondere bei langwierigen und wenig spektakulären Projekten recht schnell die Lust. Wie Sie effektiv mit französischen Geschäftspartnern arbeiten und die interkulturelle Falle vermeiden, können Sie in speziellen Seminaren und Workshops rund um die Soft Facts im Frankreich-Geschäft lernen. Nutzen Sie diese Veranstaltungen, die u. a. von den IHKs, der deutsch-französischen Industrie- und Handelskammer in Paris sowie privatwirtschaftlichen Anbietern durchgeführt werden.


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